Itchy Feet

Marokko & der unantastbare König

M6 ist nicht, wie man meinen könnte, eine chemische Formel oder gar ein neues Automodell, sondern die Kurzform für Mohamed VI., so wie er König in Marokko gerne genannt wird. Aber erstmal alles von Anfang an…

300 Minuten brauchte es um vom quirligen Basler Stadtzentrum nach Nzala zum CAMP LODGE AGAFAY zu gelangen.

Basel Mulhouse nach Marrakesch in drei Stunden! War echt easy mit EASYJET, wäre da nicht bei der Ankunft die lange Warteschlange bei der Einreise bzw. Passkontrolle gewesen. Ich habe noch nicht genug recherchiert, aber es hatte den Anschein, dass hier drei Maschinen zur fast der gleichen Zeit angekommen sind und hm… da kann’s natürlich dauern.

Die Übernahme des Mietautos verlief dann eigentlich ganz flott und problemlos. Es war schon dunkel als wir die hellen Flughafenlichter mit unserem 4WD Duster hinter uns ließen und auch die richtige Straße, die R212, war schnell gefunden. Das Terre des Etoiles ist eine in der Wüstenregion Agafay errichtete Eco Lodge, welche sich auf einer leichten Anhöhe befindet und einem die ersten Anblicke auf den Hohen Atlas gewährt. Das Abendessen begann mit Minztee, gesüßt versteht sich, und herrlich duftenden marokkanischen Gerichten wie Lamm mit warmen Datteln, karamellisierten Zwiebeln, Oliven und frischem Steinofenbrot.

Von Imlil nach Agadir

Nach einer guten Nacht im Berberzelt ging es am nächsten Morgen (nach Minztee versteht sich) über kleine und teils schwierig zu findende Straßen nach Amizmiz und über Asni weiter nach Imlil. Wir hatten im KASBAH DU TOUBKAL  reserviert und zu unser Überraschung bekamen wir das Turmzimmer mit grandioser Aussicht und eigener Dachterrasse mit Blick auf den 4167 m hohen Toubkal.

Kasbah du Toubkal

Gediegen Atmosphäre, Kerzenschein im Restaurant, Hamam, Rosmarinduft, ein wilder Kräuter– und Rosengarten. Das Tal selbst ist durch das Schmelzwasser fruchtbar und so sind Obst, Oliven und vor allem die wunderschönen alten Walnussbäume eine wahre Augenweide. Imlil lebt vom Tourismus und so sollte man sich bei einem Besuch auch auf das quirlige Treiben, das Feilschen und auf höhere Preise einstellen. Unzählige Anbieter bieten eine breite Palette von Ausflügen bis hin zur Besteigung des Toubkal (4167 m) an.

Der erste Streckenabschnitt auf der R203 von Imlil bis zum Tizi’n Test (2091 m) ist wirklich beeindruckend und (zumindest bei unserer Reise im Nov. 2016) wenig befahren. Enge Serpentinen, Schlaglöcher und verlassen wirkende kleine Ortschaften säumen diese Tour. Da es sich bei dem gesamten Abschnitt um 320 km handelt (Imlil – Agadir) sind wir schon früh los, denn schließlich gibt’s auch die sehr schöne MOSCHEE TIN MAL zu sehen.

Die Moschee liegt nur ein paar hundert Meter abseits der Straße und es ist immer jemand vor Ort, der die sonst geschlossene Moschee zur Besichtigung öffnet. Eine Spende ist im Anschluss obligatorisch, denn es ist wirklich beeindruckend, sich mit Gedanken an das 12. Jahrhundert durch die alten Gemäuer treiben zu lassen. Am höchsten Punkt des Tizi’n Test Passes gibt es ein kleines Café mit schöner Aussicht, geführt von zwei Männern die wirklich bemüht sind, die ehrliche Gastfreundschaft ist spürbar.

Paradise Plage

An diesem ca. 3 km langen Strandabschnitt, wo sich auch das gleichnamige Hotel befindet, tummeln sich Surfer, Händler und Geschäftemacher aller Art. Der Strand bietet sich frühmorgens zum Laufen an, ist aber generell, wie viele Küstenabschnitte, nicht vom Plastikmüll verschont. Das PARADISE PLAGE HOTEL präsentiert sich als Surf, Yoga und Spa Resort, aber Vorsicht !

Wir waren zwei Nächte vor Ort und es gab so gut wie kein ruhiges Plätzchen, weder zum Frühstück noch zum Abendessen, zu finden. Warum? Weil ca. 85 % aller Gäste Familien waren und so glich die coole Surf & Yoga Location weniger den schönen Fotos auf der Webseite, als einem ziemlich großen Kindergarten. Unglücklicherweise war an einem der beiden Tage auch noch die wöchentliche Surfparty, über die wir uns dann um Mitternacht mal ordentlich beschwert hatten. Kurzum… hält das Hotel bei weitem nicht das was es präsentiert bzw. offeriert, weder in gastronomischer Qualität, noch von den Angeboten an sich.

In den frühen Morgenstunden fahren wir der Küste entlang Richtung Essaouira weiter und die Straße schlängelt sich durch eine hügelige, von Arganbäumen durchzogene Landschaft. Marokko ist für dieses wunderbare Öl, welches sich hervorragend zum Kochen (nicht zu stark erhitzen !) und für kosmetische Produkte eignet, bekannt. Die kleinen Dörfer zieren die sonst karge Landschaft und wir verlassen die Küste und fahren ostwärts Richtung Marrakech, wo wir nach satten 330 km den Flughafen erreichen und unser Mietauto wieder abgeben. Ich bin wirklich erleichtert nicht mehr mit dem Auto fahren zu müssen und genieße diese Leichtigkeit mit dem Kopf an die Scheibe des Taxis gelehnt, welches uns in unsere Unterkunft im Zentrum der Medina in Marrakech bringt.

Eine kleine Marokko Runde (800 km) mit dem Mietauto

Bilder vom Küstenabschnitt zwischen Agadir & Essaouira

Marrakech (die rote Stadt) 

Für alle Architektur-, Geschichts- und Kulturinteressierten bietet eine Reise nach Marokko einen wahren Fundus an Schätzen und wird, je tiefer man sich in die Thematiken einlässt, zu einer spannenden Zeitreise in das Königreich Nordafrikas. Ein sehr guter Platz um diese Entdeckungen zu starten bzw. zugleich einen Ort der Erholung zu haben bietet das RIAD LE CLOS DES ARTS.

Von Anfang an beeindruckend, authentisch, herzlich und von unglaublicher Stille inmitten der pulsierenden alten Handelsmetropole. Ich sitze mit einem wunderbaren Kaffee auf der Dachterrasse des stilvoll restaurierten Hotels. Es ist früh morgens und die Stadt beginnt sich zu strecken. Das Leben strömt hier wie Blut in die Venen durch die unendlich vielen Gassen und Verzweigungen der Medina. Ein kleines aber nicht unwesentliches Detail zur Unterkunft möchte ich dennoch einbringen nämlich, dass durch die alte Bauweise eines Riads alle Räumlichkeiten hellhörig sind. Die Akustik jedes noch so kleinen Geräusches verbreitet sich wellenartig und macht, wenn nicht respektvoll damit umgegangen wird, die Geräuschkulisse zu einem sehr unangenehmen Effekt.

Diese Lebendigkeit, das Impulshafte und die Umtriebigkeit auf den Märkten wirkt nicht nur durch den starken Kaffee so intensiv sondern ruft eine reale Vorstellung, mit all ihren Sinnen, jener Zeit hervor.

Architektur, Geschichte und schöne Fotografien (inklusive Dachterrasse) vereint das Maison de la Photographie MUSEUM FÜR FOTOGRAFIE. Es zu finden macht ebensolche Freude, wie das Bestaunen der schwarz-weiß Sammlung alter Fotografien.

Wenn man sich im Anschluss wieder in das Gewirr des Souks begibt dauerte es nicht lange, bis der Wunsch eine weitere ruhige Oase zu finden aufkeimt. Da kommt DAR CHÉRIFA im Herzen der Souks ins Spiel. Auch nicht leicht zu finden, aber definitiv lohnend.

Das Dar Chérifa bietet eine authentisch stille Atmosphäre, mit welcher sich zu identifizieren gar nicht schwer fällt. Zudem gibt’s gutes Essen, marokkanisch starken Kaffee und die notwendige Erholung, um den Endspurt ins eigene Riad zu schaffen. Was die Vielfalt an Museen, Galerien, Restaurants und altem Handwerk in Marrakesch betrifft, so ist sie ebenso groß und weit gefächert, wie die Angebote auf den Märkten. Man fragt sich natürlich wer das alles kauft, denn die Produktion hat ‚sichtlich’ keinen Stillstand und so sind die Stände überladen und erinnern an den Glanz von früher.

Abends und regelmäßig finden im: MUSEE DE MOUASSINE Konzerte statt, welche neben der Architektur des Hauses wirklich lohnend sind. Zudem bietet dieser Ort eine weitere Möglichkeit sich auf mehreren Ebenen auf Zeitreise zu begeben. Umgeben von den historischen Mauern und den Klängen der alten Berber fühlt man sich leicht in jene Zeit versetzt.

Traditionell und mitten im Gewirr der Souks befindet sich das historisch anmutende Gebäude, wo mit viel Liebe zum Detail die alten Strukturen wiederhergestellt wurden. Die Musik ist lebendig und für unseren letzten Abend in Marokko noch mal eine schön bewegende Möglichkeit, sich tiefer mit der Kultur des nordafrikanischen Wüstenstaates zu verbinden.

Die Ballonfahrt ist im wahrsten Sinne des Wortes ein ‚Highlight‘

Es ist fünf Uhr früh als wir unser Riad verlassen und die Türe leise ins Schloss fällt. Um diese Zeit ist es sogar in Marrakech noch ruhig und die engen Gassen von gestern wirken um diese Zeit wie kleine freie Autobahnen. Die Abholung klappte und nach einer guten halbe Stunde Fahrzeit befinden wir uns in einer kargen Wüstenlandschaft, der Duft nach Kaffee vertreibt die Müdigkeit und vor uns breiten Michel und sein Team den Heißluftballon aus. MAROC MONTGOLFIÈRE

In Marokko sind nur drei Anbieter für diese Ballonfahrten genehmigt und Michel erzählt uns von den schwierigen und noch mühsameren Wegen bzw. Hindernissen welche es zu überwinden gab (und gibt), um hier seine Träume des Ballonfahrens (oder Ballonfliegen ?) umzusetzen.

Doch jetzt wo sich der Ballon mit Luft gefüllt und die gewaltigen Propangasstöße jene erwärmt haben, sind alle in den Bann gezogen. Fasziniert vom Ausmaß des Ballons starren wir auf das sich abspielende Spektakel und schnell schlüpfen, springen und klettern wir in den großen Korb, welcher zwanzig Personen fast. Wir sind zehn Personen und so gibt es wunderbar Platz und beste Aussicht, als sich der Ballon sanft vom Boden abhebt und Michel noch mal ordentlich ‚Gas’ gibt.

Schnell, lautlos und unheimlich elegant steigen wir bis auf 850 m empor, während unter uns die Welt zu schrumpfen beginnt. Jeder Meter den wir höher steigen zeichnet sich in Gestik und Mimik aller Teilnehmer ab. Es ist diese Verwunderung, welche wir schon als Kinder hatten – ein Gemisch aus Begeisterung und Ehrfurcht. Die Umgebung ist karg und so sind die wenigen markanten Erhebungen noch dominanter und die kleinen Dörfer wirken verloren in dieser großen wüstenähnlichen Landschaft, einen ‚Steinwurf’ nördlich von Marrakech.

Marokko Kritisch betrachtet oder wem gehört Marokko ?

Ich zitiere aus DUMONT Reise Handbuch aus Marokko (3. aktualisierte Auflage 2015):

„Moumen Diouris Buch, welches 1992 erschienen ist, ist eine eminent materialreiche, durch Fakten und Zahlen erhärtete Innenansicht der marokkanischen Volkswirtschaft.  Die zentrale These des Autors lautet: Über die im Jahre 1924 gegründete, 1980 von Hassan den II. erworbene Holdinggesellschaft Omnium Nord African (ONA) werden die Schlüsselbranchen der Volkswirtschaft vernetzt und ihre Profite für die königliche Privatschatulle abgeschöpft. Die ONA ist inzwischen die größte private Unternehmensgruppe in Afrika.

Mit einem geschätzten Privatvermögen von zwei Milliarden Euro gehört der „Roi des pauvres“ (deutsch: König der Armen) zu den reichsten Königen weltweit.“ Zusatz: Obwohl mit Abstand größter Landeigner und Lebensmittelproduzent ist „M6“ steuerbefreit.

KÖNIG MOHAMMED DER SECHTE (M6)

Inschallah, Marokko im November 2016

 

 

 

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