Itchy Feet

Huldigung an Lofoten’s Natur – 150 Tage Sommer

Nach hundertfünfzig Tagen nördlich des Polarkreises sehne ich mich jetzt nach Licht und Wärme, es ist Mitte Mai und  das Frühjahr zog mit einem immensen Schub an Kraft und Schönheit ins Land. Meine Arbeit als Managing Director und Outdoor Guide bei Hattvika Lodge war bis dato eine sehr intenesive aber unheimlich facettenreiche Aufgabe.

Wie so oft war die Arbeit mehr als eine Verlobung, als ein Job anzusehen und so verschmolzen die Tage und Nächte, Wochen wie Monate, zu einem großen Abenteuer aus neuem. „Andere Länder andere Sitten“ ist nicht nur ein Sprichwort, sondern birgt (in meinem Fall) die wunderbare Möglichkeit in sich, bezahlt neues zu sehen und zu lernen. Als erstes gleich mal ein unverwechselbares, typisch skandinavisches Bild denn die Farbe Rot, wie hier bei den traditionellen Rorbu zu sehen ist, ist so tief verankert wie ihre Fischernetze vor den zerklüfteten Inseln.

Anbei ein kurzer geografischer Prolog. Lofoten ist eine norwegische Region im Regierungsbezirk  Nordland und Teil einer Inselgruppe vor der Küste Nordnorwegens, bestehend aus etwa 80 Inseln, unter anderem Austvågøya, Skrova, Gimsøy, Vestvågøy, Flakstadøy, Moskenesøy, Værøy und Røst. Der norwegische Distrikt Lofoten umfasst im Wesentlichen die Inselgruppe. Der Name bedeutet „der Luchsfuß“ von „ló“, altnordisch für Luchs, und „foten“, der Fuß und wie man gut erkennen kann geht hier ohne der Farbe rot gar nichts.

Es ist Anfang Juni und meine Ski Ausrüstung habe ich gegen kurze Hose so wie Berg-  bzw. Laufschuhe getauscht. Einhergehend verschob sich auch der Fokus auf Prävention in Bezug auf Risiko Management während einer Vielzahl, der von uns geführten Outdoor Aktivitäten. Wobei Bergsteigen, Wandern, Trail Running neben Surfen und Kayaking zu den meist gebuchten Touren zählten. Kvalvika Beach und der Berg Ryten 543 m sind wunderbare Beispiele bezüglich fasinierender Naturlandschaften der Loften. Dass jene namhaften Berge und Strände in den Sommermonaten überlaufen sind, ist auch hier mittlerweile zu einem Faktum wie einer touristischen Herausforderung geworden.

Die Faszination, mit welcher ich bei meiner ersten Reise die Lofoten verließ waren die gleichen, welche mich, nicht nur der Arbeit willen, wieder anzogen. Es ist das permanente Staunen über die Fülle der Einfachheit. Die Naturlandschaften sind oftmals dermaßen kitschig, dass sie einem als unecht und surreal erscheinen.

Speziell im Sommer, wenn die Sonne für einige Wochen nicht über den Horizont sinkt und der Vitalität-pegel dem Rhythmus der langen Tage adaptierte,wurden mir selbst die 24 Std.  Tage zu kurz. Die Gegebenheiten zum Ausleben meiner Leidenschaft der Fotografie wie jener zum Berglauf sind hier ohne Zweifel paradiesisch und so ist es nicht verwunderlich das ich nicht nur jede freie Minute, sondern auch im Bezug zur Arbeit, fast immer ‚Outdoor‘ war.  Anbei der Berg Volanstinden 547 m (welcher sich in der Nähe zu Fredvang befindet) aus verschiedenen Perspektiven, ebenso einige diesbezügliche Luftaufnahmen.

Neben Wandern, Bergsteigen und Klettern eignen sich die spektakulären Landschaften der Lofoten hervorragen zum Laufen bzw. für Bergläufe. Einer der größten Unterschiede zum hochalpinen zentraleuropäischen Raum ist jener, das man sich hier, kaum verirren kann. Das liegt daran, dass man von fast jedem Berg entweder auf eine Straße, das Meer oder beides sieht und sich somit immer gut orientieren, wie die Risiken minimieren, kann. Anbei ein Berglauf Video wie Fotos von Trainings & Wettläufen.

Wie erwähnt geht es in diesem Blogpost weniger um Reiseinformationen und Details über die Lofoten zu vermitteln als um der Natur zu huldigen. Jede Jahreszeit ist hier reizvoll wobei ich erwähnen möchte das man sich in den Monaten November und Dezember nicht allzu viel erwarten sollte denn das Wetter ist dann meist regnerisch, stürmisch und nebelig. Die Hattvika Lodge

für welche ich ein Jahr als Berater und Outdoor Guide gearbeitet habe liegt in Leknes und Leknes ist ein wirklich optimaler Ausgangspunkt um die Lofoten zu erkunden. Der kleine Flughafen LKE wird über Bodo von Oslo angeflogen und ich kann nur jedem Besucher empfehlen sich einen Mietwagen zu organisieren denn egal welche Ansprüche und Vorstellungen man für seine Reise hier hat, ohne individueller Mobilität, wird es schwierig. Die Region um Haukland & Uttakleiv Beach eigent sich hervorragend zu Wandern, Fotografieren (auch bei Nordlicht), Campen und um einfach den karibischen Flair des Nordens zu genießen.

Der Sommer ist jetzt in seiner vollen Blüte und Schönheit vor Ort, strotzt und demonstriert seine Fülle in jedem Fragment, während sich auch das letzte bisschen weiß auf den Bergspitzen der wärmenden Sonne beugen muss.

Bei Ornithologen sind die Lofoten seit vielen hundert Jahren weithin bekannt. Die Attraktion sind die großen Vogelfelsen, die sich vor Røst im Süden bis nach Bjarkøy nördlich von Harstad an der Küste entlang reihen. Die größten und bekanntesten Vogelkolonien findet man auf Værøy und Røst. Schneehuhn arten gibt es auf den Lofoten eine Vielzahl, sie fotografieren zu können bedarf dann entweder viel Glück oder noch mehr Geduld.

Wenn mir die Berge dann doch mal zu viel werden, was selten der Fall ist, ist Henningsvaer ,zur Seele baumeln lassen‘ mein absoluter Favorit. Nur dreißig Minuten Fahrzeit von Svolvaer, der Hauptstadt der Lofoten, entfernt liegt Henningsvaer als kitschig schönes Dörfchen direkt zwischen steil schroffen Bergkulissen und dem offenen Ozean. Im Sommer überlaufen aber für die Zwischensaison perfekt lässt sich dort bei grandiosen Ausblicken hervorragender Kaffee genießen während einem schon der Anblick der reichlich dargebotenen Torten emotional nährt. Anbei Trevaerfabrikken, meine erste Wahl zum Träumen und um sich inspirieren zu lassen.

Für Fotografen und Liebhaber von Luftaufnahmen ist Henningsvaer natürlich ein Muss und sobald man die E10 Richtung Henningsvaer verlässt, kommt man aus dem Staunen, aufgrund der sich darbietenden Motiven, gar nicht mehr raus. Wo bleiben nur die autonomen selbstfahrenden Autos, jetzt wo mich die Landschaft komplett vereinnahmt, wäre ein sich hingeben so was von angesagt.

An bestimmten Tagen, wenn Lichtverhältnisse und andere Faktoren wieder mal eine perfekte Symbiose ergeben sind die Eindrücke einfach surreal, atemberaubend und lassen in mir keinen anderen Ausdruck, als jener der Freude, gelten. Verschmitzt, kopfschüttelnd und mit einem breiten Grinsen schaue ich nicht nur durch den Sucher meiner Kamera, sondern öffne meine Sinne zur Aufnahme, zur Wahrnehmung und erfreue mich der Verblüffung. Durch ,Verweilen‘ genährt mache ich mich wieder auf den Weg Richtung Südwesten und schon nach wenigen Kilometern empfängt einem die 839 Meter lange und spektakulär freitragende  Gimsøystraumen Brücke, welche die Inseln Austvågøya und Gimsøya verbindet.

Noch ist rot die dominierende Farbe, aber unverkennbar nähert sich der Herbst, leicht zu erkennen an den Meeresalgen, welche als erstes saisonale Veränderungen durch einen Farbwechsel erkennbar machen. Es sind nicht nur die Farbkompositionen, sondern viele weitere Elemente, welche durch Schlichtheit meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Auch die langen Tage sind jetzt zu Ende, aber dafür gibt es wieder Sonnenuntergänge, ein Wechsel, der mir leicht fällt. Das ersehnte Orange lässt sich natürlich am besten von einem der vielen Berge genießen und oftmals donnern die Wolken, einer riesigen Tsunami welle gleich, sanft gegen die schroffen und steil emporragenden Berge.

An Tagen wie dieser kommt der stille Poet in mir hervor, träumt und philosophiert (meist mit sich) über die Komplexität der Einfachheit. Ich liebe die Natur mit ihrer natürliche Ornung, genieße diese Tage, wo das Universum mich nicht umgiebt, sondern in mir ist.

Lofoten, Juli bis Oktober 2018

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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